Wächterhaus
Adresse: Aflenz an der Sulm, 8435 Wagna
Koordinaten: 46.751736, 15.545018
Ansprechperson: Franz Trampusch; franz.trampusch@aon.at
Historischer Bezug
Die Ruine des Wächterhauses ist ein Überbleibsel des KZ-Nebenlagers Aflenz (bzw. Graz-Leibnitz in der Diktion des 3. Reichs), das von Februar 1944 bis April 1945 bestand und eines von über 40 Außenlagern des KZ Mauthausen war. Das Gebäude war ein Wachtpostenhaus für den Zugang zum Außenlager Aflenz.
Das Lager wurde zu dem Zweck errichtet, ZwangsarbeiterInnen für die Adaptierung des Römersteinbruchs zur unterirdischen Verlagerung der Rüstungsproduktion des Werkes Steyr-Daimler-Puch in Graz-Thondorf einzusetzen. Zwischen 901 und 920 Häftlinge waren im Lager eingewiesen. Der erste Transport mit 201 Häftlingen traf am 9. Februar in Aflenz ein. Für das Lager wurde von der SS ein Acker unmittelbar an der von Aflenz nach Retznei führenden Straße beschlagnahmt, der etwa 500 Meter vom Steinbruch entfernt lag.
Die Häftlinge mussten zwei Baracken für die SS-Wachmannschaften und vier Baracken als Häftlingsunterkunft errichten. Für die Arbeit im Stollenbau und später auch in der Produktion wurden insgesamt mindestens 901, maximal 920 Häftlinge mehrheitlich aus Mauthausen in das Lager eingewiesen, 197 Häftlinge kamen aus dem Außenlager Wiener Neudorf und 66 aus dem Außenlager Peggau. Die Existenzbedingungen der Häftlinge waren geprägt von schwerer Arbeit, mangelnder Versorgung mit lebensnotwendigen Dingen und Hunger sowie Misshandlungen durch die SS bei den geringsten Anlässen. Die schweren Arbeits- und Lebensbedingungen führten zum Tod von 78 Häftlingen, mindestens 8 weitere Häftlinge kamen auf dem Evakuierungsmarsch ums Leben. Die in Leibnitz verstorbenen Häftlinge wurden zur Verbrennung in das städtische Krematorium nach Graz gebracht, später wurden sie auch in einem Massengrab in der Nähe des Lagers verscharrt.
Anfang April 1945 wurde das Lager angesichts der herannahenden Roten Armee aufgelöst. Die in Aflenz verbliebenen 467 Häftlinge, begleitet von ca. 50 Wachposten, mussten unter der Leitung von Lagerführer Ricken in langen Fußmärschen über Judenburg zum KZ Ebensee gehen. Am 18. April 1945 erreichten 407 Häftlinge das Lager Ebensee.
Die Ruine dient als Mahnmal gegen das Vergessen und als Zeichen des Außenlagers des KZ Mauthausen.
Errichtungszeit
Das Wächterhaus wurde bereits im Jänner 1944 errichtet und fungierte bis zum 2. April 1945 als Kontrollstelle, danach stand es bis zum Erwerb der Gemeinde als private Ruine leer. Im Jahr 2009 erfolgte eine internationale Ausschreibung für einen künstlerischen Wettbewerb zur Errichtung eines „Denkzeichens“ für das KZ-Außenlager Aflenz an der Sulm. Das Wächterhaus ist eine aus rohen Ziegeln bestehende Ruine. Die Ruine blieb als solche erhalten, auf dem Dach steht die Beschriftung „Wächterhaus“ in großen orange-roten Lettern. Im Inneren ist ein Videoscreen ausgestellt, auf dem rund um die Uhr ein Video gezeigt wird, das auf aktuelle Menschenrechtsverletzungen Bezug nimmt. Das Video wird halbjährlich ausgetauscht.
Initiatoren und Projektverlauf
Das Land Steiermark, vertreten durch das Institut für Kunst im öffentlichen Raum, vergab nach der Auswahl durch eine Fachjury die künstlerische Gestaltung des Wächterhauses an Helmut und Johanna Kandl.
Gedenkkultur
Jährlich findet am Tag der Menschenrechte (10. Dezember) eine Gedenkfeier mit musikalischer Untermalung unter Einbezug der Gemeinde, aller örtlichen Vereine, der Kirche, des Bundesheeres, sowie von ZeitzeugInnen und Interessierten statt.
Quelle
Franz Trampusch
Kandl, Helmut/Kandl, Johanna: Wächterhaus (Broschüre). Herausgegeben von Insititut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark. Graz 2009
Erinnerungskultur. Zukunft. Steiermark. (Broschüre) Herausgegeber: ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus, Graz 2011